Heute vor genau fünf Jahren, am 25. Juni 2019, wurde der erste Account auf gruene.social, der Mastodon-Instanz der netzbegrünung von GRÜNEN für GRÜNE, angelegt. Anlässlich dieses Jubiläums blicken wir auf die Entstehung und Entwicklung unserer Mastodon Instanz zurück, die sich inzwischen zu einer der größeren politischen Instanzen im deutschsprachigen Fediverse entwickelt hat.
Unsere Instanz war damit sowohl auf Mastodon als auch im ganzen Fediverse die Pionierin der politischen Parteienlandschaft. Andere Parteien wie die SPD, die Linkspartei oder auch die Piratenpartei sind erst Jahre später mit eigenen Instanzen ins Fediverse gekommen. Manch andere Parteien findet man bis heute nicht mit eigenen Instanzen dort.
Entwicklung der Accounts auf unserer Mastodon-Instanz gruene.social
Nachdem Mastodon wie auch unsere Instanz in den ersten Jahren eher ein Nischendasein für Nerds führte, verzeichneten auch wir ab Oktober 2022 nach der Übernahme von Twitter durch Elon Musk einen spürbaren Anstieg neuer Accounts. Technisch war das durchaus herausfordernd, da es nicht nur ein reines Anwachsen unserer Instanz bedeutete, sondern das gesamte Fediverse auf einen Schlag deutlich wuchs. Es gab also auch mehr Accounts auf anderen Instanzen, die Accounts auf gruene.social folgen und mit ihnen interagieren wollten. Wir haben in der Zeit an einigen Schrauben drehen müssen, um die Performance der Instanz zu verbessern.
Einen ersten Meilenstein erreichten wir am 8. November 2022, an dem wir die Marke von 500 Accounts auf gruene.social knackten. Weniger als ein halbes Jahr später, am 9. April 2023, folgte dann der 1000. Account.
Größeren Zulauf erhält gruene.social auch immer wieder durch größere Accounts. So ist nicht nur die Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als Funktionsaccount aktiv, sondern auch zahlreiche ihrer Mitglieder, wie Tabea Rößner (Vorsitzende des Digitalausschusses im Bundestag) oder Maik Außendorf (Sprecher für Digitalpolitik).
Auch der bekannte Europa-Blogger und Aktivist Jon Worth ist ein aktiver Nutzer und bereichert die Plattform mit seinen fundierten Einblicken und Analysen.
Seit Anfang 2023 verringerte sich der Zuwachs an neuen Accounts wieder und mit der Zeit schrumpfte dann leider auch die Anzahl der aktiven Accounts, also derer, die sich innerhalb der letzten 30 Tage eingeloggt haben. Aktuell sind bei gruene.social etwas über 1.100 Accounts registriert, wovon ca. 400 aktiv sind.
Im Fediverse sind inzwischen über 11 Millionen Accounts registriert, auch lässt sich ein deutlicher Anstieg im Oktober 2022 ausmachen. Mastodon macht mit 7,3 Mio. Nutzer*innen dabei den größten Anteil aus.
Zum Vergleich: Bluesky hat aktuell etwas 5,9 Mio. Accounts [2], während Twitter mit 421 Mio. aktiver Accounts nach wie vor deutlich mehr Nutzer*innen besitzt [3].
a) Microblogging-Dienste untereinander vergleicht (Mastodon mit Twitter bzw. Bluesky), dabei ignoriert man aber, dass auch mit einem Friendica-Account einem Mastodon-Account gefolgt werden kann oder
b) geschlossene mit offenen Netzwerken vergleicht (Fediverse mit Twitter bzw. Bluesky), dabei zählt man aber Accounts mit, die unter anderem gar keinen Microblogging-Dienst wie Mastodon nutzen.
Der Transparenz wegen haben wir hier beide Zahlen genannt.
Warum überhaupt eine eigene Instanz im Fediverse?
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN führt im Grundsatzprogramm [4] an mehreren Stellen aus, dass digitale Souveränität der Grundpfeiler einer gemeinwohlorientierten und demokratischen Zukunft sein muss:
- […] Europa braucht öffentlich-rechtliche wie auch gemeinnützige Alternativen zu den bisherigen privaten Monopolen. Diese können Bürger*innen die Möglichkeit bieten, sich sowohl lokal als auch digital zu organisieren und politisch Einfluss zu nehmen. Digitale Plattformen sind Teil der Infrastruktur und müssen barrierefrei sein. (117)
- Ein Mensch ohne Privatsphäre ist niemals frei. […] Daten- und Menschenrechtsschutz, die informationelle Selbstbestimmung, die informationstechnische Integrität und Sicherheit gilt es entschlossen zu verteidigen und auszubauen. […] Digitale Angebote anonym nutzen zu können, erfüllt eine wichtige Schutzfunktion und ist zugleich Ausdruck digitaler Freiheit und Selbstbestimmung, insbesondere für vulnerable Gruppen. (171)
- Offenheit muss ein Leitprinzip für den digitalen Wandel sein. […] Übermäßige Datenmacht und sich selbst verstärkende Datenmonopole sind zu verhindern und aufzubrechen. Offene Daten, offene Software, offene Standards und offene Schnittstellen müssen politisch gefördert werden und Standard sein, wenn öffentliche Gelder aufgewendet werden. (172)
- Digitale Plattformen, die nicht von kommerziellen Interessen gesteuert sind, […] sind Impfschutz gegen demokratiefeindliche Kampagnen und Falschinformationen. (257)
- Voraussetzungen für Demokratie sind ein gewaltfreier Diskurs und die Akzeptanz der Menschenwürde sowie der unverletzlichen und unveräußerlichen Grund- und Menschenrechte. […] Diskursräume müssen transparent, grundrechtskonform und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen gestaltet werden. Dies gilt gerade auch für die Funktionsweise digitaler Plattformen. (258)
Da alle kommerziellen Social Media-Plattformen gegen mindestens einen – bis hin zu allen – dieser Punkte widersprechen, war der Schritt ins Fediverse nur konsequent. Denn wo bliebe die Glaubwürdigkeit der Partei, wenn sie nur Leitlinien aufstellt, aber nicht entsprechend danach handelt? (Dass hier vor allem in Sachen Datenschutz noch Luft nach oben bleibt, zeigt ein Artikel unseres Mitglieds Norbert Tretkowski.)
Der Betrieb einer eigenen Instanz bringt den Vorteil, dass Datenhoheit, technische Sicherheit und Serverregeln in der Hand eines parteinahen Vereins liegen. Somit wird Parteimitgliedern sowie grünennahen Organisationen eine einfache Möglichkeit geboten, sich einen Account auf einer Instanz anzulegen, die jederzeit mit den grünen Grundwerten übereinstimmt und einen entsprechend hohen Sicherheitsstandard beinhaltet. Es wird zum Beispiel regelmäßig geprüft, ob alle Accounts eine Zwei-Faktor-Authentifizierung aktiviert haben, um das Risiko eines Identitätsdiebstahls zu minimieren. Gerade für Accounts mit großer politischer Reichweite kann dies eine ernstzunehmende Bedrohung darstellen. Für den reibungslosen Betrieb und die Aktualisierungen der Instanz sorgen unsere beiden Admins, die beide seit dem Start in 2019 beständig an Bord sind.
Um auch auf unserer Instanz zu garantieren, dass Hetze und Falschinformationen keinen Platz finden, kümmert sich ein fünfköpfiges, ehrenamtliches Team um die Moderation. Ihr Einsatz sorgt dafür, dass die Community weiterhin ein sicherer und angenehmer Ort für Austausch und Debatte bleibt. Da Accounts auf unserer Mastodon-Instanz ausschließlich für Personen und Organisationen aus dem Umfeld von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verfügbar sind, hält sich der Moderationsaufwand zum Glück in Grenzen.
Bewerbung von gruene.social
Parteimitglieder von den Vorzügen des Fediverse und insbesondere von Mastodon zu überzeugen ist durchaus herausfordernd, da man gegen zwei allbekannte Feinde ankämpfen muss: Faulheit und den Netzwerkeffekt. Um zumindest bei der ersten Hürde zu helfen (und damit indirekt auch den Netzwerkeffekt zu verkleinern) sind wir als Netzbegrünung auf Veranstaltungen wie Bundesdelegiertenkonferenzen und Landesparteitagen mit Infoständen unterwegs. Dort haben wir meist auch einen Bildschirm aufgebaut, auf dem eine MastoWall (in Anlehnung an die TwitterWall) mit den Hashtags der entsprechenden Veranstaltungen im Fediverse zu sehen ist. Hier können wir dann Interessierten erklären, was es mit Mastodon und dem Fediverse auf sich hat und wie einfach die Erstellung eines Accounts ist.
Ende Januar 2023 hat Marian Steinbach auf Einladung des Landesverbandes Bremen ein Webinar zur Nutzung von Mastodon gegeben, das auch aufgezeichnet wurde. Diese Veranstaltung war ein großer Erfolg und hat vielen Mitgliedern geholfen, die Plattform besser zu verstehen und effizienter zu nutzen. Die Aufzeichnung des Webinars ist weiterhin online verfügbar und kann hier angesehen werden.
Weitere Aktivitäten der Netzbegrünung im Fediverse
Neben der erfolgreichen Betreuung unserer Mastodon-Instanz engagiert sich die Netzbegrünung auch in anderen Bereichen des Fediverse. Wir betreiben weitere Dienste wie PeerTube, Pixelfed und Mobilizon, um eine dezentrale und Datenschutz-freundliche Alternative zu den großen kommerziellen Plattformen anzubieten. Diese Angebote sehen wir als elementaren Bestandteil unseres Engagements für digitale Souveränität und Partizipation.
Leider mussten wir Anfang 2023 unseren eigenen Twitter-Mastodon-Crossposter einstellen, nachdem Twitter den Zugriff auf deren API kostenpflichtig gemacht hat. Dies war ein Rückschlag – angesichts der stetig sinkenden Relevanz von Twitter bei gleichzeitigem Wachstum anderer, potentiell an das Fediverse anbindbarer SocialMedia-Plattformen, jedoch ein verkraftbarer.
Und du?
Falls du bis hierher gelesen hast und noch kein Mitglied des Fediverse bist, wird es höchste Zeit! Komm dazu in den entsprechenden Kanal in der Chatbegrünung, dort gibt es Infos zur Registrierung:
- #netzbegruenung-mastodon
- #netzbegruenung-pixelfed
- #netzbegruenung-peertube
- #netzbegruenung-mobilizon
- #netzbegruenung-fediverse
Wir freuen uns darauf, wenn ihr die Plattformen für grünen Austausch und Vernetzung nutzt. Das Beste dabei: eure Daten werden nicht ausgewertet und eure Inhalte können ganz demokratisch von allen, egal ob mit oder ohne Account, konsumiert werden.
Damit der Betrieb auch weiterhin so gut klappt, freuen wir uns darüber hinaus auch, wenn ihr die Netzbegrünung mit einer Spende unterstützt oder Mitglied werdet (ab 1 Euro im Monat).
Und zum Schluss das Wichtigste: ein dickes Danke an alle, die gruene.social zu dem gemacht haben, was es heute ist!
[1]: https://fedidb.org abgerufen am 23.06.24
[2]: https://de.wikipedia.org/wiki/Bluesky abgerufen am 23.06.24
[3]: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/318483/umfrage/twitter-nutzerzahlen-weltweit-prognose/ abgerufen am 23.06.24
[4]: Grundsatzprogramm von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aus 2020, https://cms.gruene.de/uploads/assets/20200125_Grundsatzprogramm.pdf